EU-Reifenlabel – Was ist das überhaupt?

Recht & Gesetz

Reifen werden gekennzeichnet – das ist bekannt und wird seit Jahren so praktiziert. Neueren Datums ist hingegen die einheitliche EU-Verordnung über die Kennzeichnung von Reifen, die in der aktuellen Form seit Mai 2021 in Kraft ist. Sinn und Zweck dieser Verordnung ist eine einheitliche Kennzeichnung des Energieverbrauchs, was bekanntlich auch bei Kühlschränken oder Waschmaschinen so gehandhabt wird. Nicht zu verwechseln ist das EU-Reifenlabel mit der Reifenkennzeichnung entsprechend §36 StVZO.

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Reifenkennzeichnung ist nicht gleich EU-Reifenlabel

Die Reifenkennzeichnung existiert bereits seit Jahrzehnten. Hier geht es um die Konformität mit den Vorgaben in Zeile 15.1. und 15.2 der Zulassungsbescheinigung I (Fahrzeugschein) bzw. einem CoC-Dokument. Anzugeben sind Informationen über Winter- oder Ganzjahresreifen, Reifenbreite in Millimeter, das Verhältnis von Höhe zu Breite in Prozent sowie die Bauart der Reifen. Ebenfalls Teil der Reifenkennzeichnung ist die Bauart, der Felgendurchmesser, der Lastindex und der Geschwindigkeitsindex und natürlich findet auch das Produktionsdatum und das ECE-Prüfzeichen mit Ländercode seinen Niederschlag.

Wozu also noch ein weiteres Label?

EU-Reifenlabel für mehr Effizienz

Das Kennzeichnungssystem für EU-Autoreifen existiert bereits seit 2012. Die EU-Kommission trägt damit der Erkenntnis Rechnung, dass die richtige Bereifung einen erheblichen Einfluss auf den Kraftstoffverbrauch hat. Dem Reifenkäufer wird es also ermöglicht, einzelne Eigenschaften der jeweiligen Reifen einzuschätzen und mit anderen Reifenmodellen zu vergleichen. Was bei Elektrogeräten gilt, sollte somit auch bei Autoreifen gelten, weshalb die Klassifizierung mit eigenem Energielabel erfolgt.

Die einzelnen Klassen geben indirekt den Verbrauch sowie den Bremsweg (Nasshaftung) an und werden durch Buchstaben gekennzeichnet. Beim Verbrauch entspricht eine Klasse in etwa 0,1 Liter pro 100 Kilometer, der Bremsweg ist um sechs Meter kürzer (bei 80 km/h). Im Amtsdeutsch des Jahres 2021 ist von der Kraftstoffeffizienzklasse sowie dem Rollwiderstandskoeffizienten die Rede. Hinzu kommen die Nasshaftungsklasse, die Klasse des externen Rollgeräuschs mitsamt Messwert in Dezibel, aber auch die Griffigkeit bei Schnee und Eis. Das EU-Reifenlabel bietet dem Käufer somit konkrete Informationen über die Umwelt- und Sicherheitseigenschaften des vorliegenden Reifens.

Wie sieht das EU-Reifenlabel aus?

Anders als die Reifenkennzeichnung befindet sich das EU-Reifenlabel nicht direkt auf den Reifen, sondern wird aufgeklebt. Die Maße liegen bei 110 x 75 Millimeter und alternativ zum Aufkleber ist auch eine ausgedruckte Kennzeichnung möglich.

Erforderlich ist das EU-Reifenlabel für alle Pkw, Transporter oder Lkw, aber (noch) nicht für runderneuerte Reifen sowie Oldtimer und Motorräder. In der Pflicht sind sowohl die Hersteller der Autoreifen als auch die Reifenhändler.

Die Werte des EU-Reifenlabels

Fünf Kriterien werden vom EU-Reifenlabel erfasst. Bei der Energieeffizienz wird in Klassen von A (beste Klasse) bis G (schlechtester Wert) mit einer Differenz von mehr als 0,66 Liter pro 100 Kilometer unterschieden, während die Nasshaftung zwischen den Klassen A und F einen Bremswegunterschied von 18 Metern auf nasser Fahrbahn ausweist. Die Geräuschemissionen beziehen sich einzig und allein auf das Außengeräusch und weisen sowohl den dB-Wert als auch einen bis drei Streifen für das Erfüllen bzw. Unterschreiten der EU-Grenzwerte des Jahres 2016 aus.

Auch werden auf jedem Label der Handelsname und Name des Lieferanten sowie die Artikelnummer und ein QR-Code mit Link auf den öffentlichen Teil der EU-Datenbank hinterlegt. Schnee- und Eisgriffigkeit als viertes und fünftes Kriterium werden mit einem „Alpine Symbol“ in Form einer Schneeflocke in einem stilisierten Bergmassiv symbolisiert.

Was ist beim Reifenlabel neu?

Seit dem 01. Mai 2021 gilt die EU-Verordnung 2020/740 mit neuen Vorgaben zur Reifenkennzeichnung für Neureifen. Diese neue Verordnung gilt für Pkw-, Lkw- und Busreifen, die nach dem 01. Mai 2021 auf den Markt gekommen sind.

Durch die neue Verordnung wird das Ziel verfolgt, mehr Transparenz über die Leistungseigenschaften von Reifen herzustellen, um damit den Käufer bei seiner bestmöglichen Kaufentscheidung zu unterstützen.

Bei den Winter- und Ganzjahresreifen wurde das Reifenlabel um zwei weitere Merkmale ergänzt. Bei diesen Merkmalen handelt es sich um die Kennzeichnung des Alpine-Symbols und um ein Symbol, welches ein Gebirge mit einem Dreieck abbildet. Das Alpine-Symbol steht für die Erfüllung der Anforderungen für winterliche Straßen und das andere Symbol verdeutlicht den Grip auf vereisten Flächen.

Was bedeuten die Merkmale des Reifenlabels?

Das Merkmal beinhaltet die Kraft, die aufgebracht werden muss, um den Reifen in Bewegung zu halten, wodurch Kraftstoff- und Energieeffizienz ermittelt werden können. Reifen, die einen geringen Rollwiderstand aufweisen, haben folglich einen geringeren Kraftstoffverbrauch als die Reifen mit hohem Rollwiderstand.

Dieses Merkmal gibt die Haftung des Reifens auf nasser Fahrbahn während einer Vollbremsung an. Je besser die Nasshaftung ist, desto kürzer ist der Bremsweg des Reifens. Zwischen den Gruppierungen kann der Bremsweg einen Unterschied von bis zu 18 Metern bei einer Geschwindigkeit von 80 km/h ausmachen.

Dieses Merkmal gibt den Geräuschpegel des externen Rollgeräusches in Dezibel an. Die Messung erfolgt bei einem Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 80 km/h.

Was fehlt beim EU-Reifenlabel?

Kritik am EU-Reifenlabel wurde in der Vergangenheit wiederholt geäußert. Zwar handelt es sich um eine gute Orientierung für die Kaufentscheidung und auch der Energieverbrauch wird valide dargestellt. Was allerdings fehlt, ist der Aspekt der Sicherheit und auch manche ökologischen Aspekte kommen zu kurz.

So wird kritisiert, dass die Haltbarkeit und Langlebigkeit nicht angegeben wird und auch der Bremsweg auf trockener Fahrbahn fehlt. Fahrstabilität und Handling gehen ebenfalls nicht aus dem Label hervor und auch die Seitenführung sowie das innere Rollgeräusch bleiben außen vor.

Von wem werden die Reifen geprüft?

Die Reifen werden nach festgelegten Verfahren von der Reifenindustrie geprüft. Dabei klassifiziert die Reifenindustrie ihre Produkte selbst. Aus diesem Grund ist es ratsam, sich nicht ausschließlich auf das Reifenlabel zu verlassen, sondern die Klassifizierung durch unabhängige Unternehmen überprüfen zu lassen oder weitere Testberichte in die Entscheidung mit einfließen zu lassen, da ebenfalls andere Merkmale wichtig für die Kaufentscheidung sein sollten.

Heike Janko

Seit über 20 Jahren ist Heike Janko in den Bereichen Vertriebsinnendienst und Kundenbetreuung in der Firma betzemeier tätig. Sie widmet sich jeden Tag unseren Kunden und unterstützt auf vielen Ebenen durch Ihr Fachwissen. Dabei sind Kundenzufriedenheit und Sorgfältigkeit Ihr höchstes Gut.

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