Der 1. Januar 2035 ist bzw. wird für die Automobilbranche ein geschichtsträchtiges Datum. Die EU hat beschlossen, dass ab diesem Tag keine mit fossilem Diesel oder Benzin betankten Pkw mehr zugelassen werden dürfen. Lediglich E-Fuels stellen eine Ausnahme dar, doch das Gros der Neuzulassungen wird auf Elektroautos entfallen. Was bedeutet das für den Kfz-Mittelstand bzw. den Autohandel?
Was bedeutet das Verbrenner-Aus in der Praxis?
Zunächst einmal eine Einordnung dessen, was das Verbrenner-Aus genau meint. Die Rede ist von Neuzulassungen, d. h. wer einen Gebrauchtwagen kauft, kann weiterhin auf Benziner oder Diesel zurückgreifen. Diese werden allerdings von vielen Herstellern schon zu einem früheren Zeitpunkt nicht mehr gebaut, sodass die Technologie immer älter und weniger konkurrenzfähig wird.
Möglich ist für Verbrenner aber jederzeit das Tanken von Wasserstoff, sofern dieser ab 2035 in ausreichender Menge bereitsteht. Es wird allerdings prognostiziert, dass sich das engmaschige Netz an Tankstellen nach und nach ausdünnt oder auf Ladesäulen für E-Autos umgestiegen wird.
Die Automobilhersteller erhalten ab 2035 keine Typgenehmigung mehr für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor – ein Verbot, mit Verbrennern zu fahren, ist aber ausdrücklich nicht vorgesehen.
Langsamer Wandel in Richtung Elektromobilität
Die Weichen sind also gestellt und früher oder später dürften E-Autos die Verbrenner vom Markt verdrängt haben. Fahrzeuge, wie man sie heute kennt, werden zu Youngtimern, Oldtimern und schließlich zu Museumsstücken, für die auch das Betanken nicht mehr flächendeckend möglich ist. Zukunftsmusik gewiss, aber die Partitur ist hierfür bereits geschrieben.
Für den Autohandel bedeutet der Wandel in Richtung Elektroauto eine erhebliche Umstellung, insbesondere im Bereich Service und Reparatur. Zwar bleiben Ersatzteile verfügbar, doch werden die bis dato lukrativen Reparaturen immer weniger. Vor allem der Ölwechsel wird nach und nach der Vergangenheit angehören, was zu erheblichen Einbußen in den Werkstätten führen kann. Die Versorgung mit Ersatzteilen dürfte aufgrund des globalen Marktes auch in Zukunft kein Problem darstellen, wobei eine Reihe von Ersatzteilen bei E-Autos schlichtweg nicht benötigt werden und entsprechend aus den Katalogen verschwinden. Ein Elektromotor besteht aus rund 200 Einzelteilen, ein Verbrennungsmotor aus rund 1.500 Teilen. Zylinder, Abgasanlage, SCR-Katalysatoren, Turbolader, Kupplungsgetriebe, Motorenöl – all das wird früher oder später nicht mehr gebraucht.
Anderes Käuferinnen- und Käuferverhalten
Wer im Autohandel weiter auf Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren setzen möchte, kann dies auf dem Feld der Gebrauchtwagen tun. Mancherorts werden in diesem Kontext sogar erhebliche Preissteigerungen erwartet, wenn die letzten Neuwagen als Benziner oder Diesel erschienen sind. Diejenigen, die auch weiterhin auf die althergebrachte Technik setzen, tun dies allerdings zunehmend aus emotionalen Motiven, weil ein Elektroauto auf Dauer schlichtweg ökonomischer sein wird. Dem sollte der Verkauf Rechnung tragen.
Die ökonomische Herangehensweise bedeutet beim Fahrzeugkauf schon jetzt das umfangreiche Vergleichen von Preisen. Manche Hersteller entscheiden sich für das Agenturmodell und verkaufen ohnehin zu Festpreisen, hinzukommen reine Online-Anbieter und Start-ups, die als Konkurrenten für den stationären Kfz-Mittelstand auftreten. Dem lässt sich begegnen, indem der Service und die Bindung zur Kundschaft noch stärker in den Fokus gerückt werden.
Fokus liegt auf dem Service
Service bedeutet in diesem Zusammenhang auch die Veränderung der Kompetenzprofile in den Werkstätten. Wo bis dato Mechaniker tätig waren, gewinnt der Bereich der Elektronik rapide an Bedeutung. Aus diesem Grund muss die Belegschaft (um)geschult werden, um die neue Technologie adäquat warten und reparieren zu können.
Auch relevant ist das Vorhalten von Auslesetools und speziell auf die jeweilige Elektronik des Herstellers ausgerichtete Gerätschaften. Freie Werkstätten könnten hier gegenüber den Vertragswerkstätten und -händlern ins Hintertreffen geraten, weil sich die Anschaffung der teuren und markengebundenen Werkzeuge schlichtweg nicht lohnt.