In Autowerkstätten arbeiten schon lange keine Mechaniker mehr. Heute sind Mechatroniker gefragt. Ohne Elektronik und Computer ist der Job kaum noch vorstellbar. Auf diese Entwicklung hat Clemens Betzemeier schon vor mehr als 25 Jahren gesetzt. Dass der Softwareentwickler und die Autobranche zusammenfanden, war ein stückweit auch Zufall – am Ende aber auch die richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt. Heute, sagt Betzemeier rückblickend, wäre der Einstieg in diesen Markt sehr viel schwieriger gewesen.
Dieser Markt, das ist für betzemeier automotive software das Geschäft mit Dealer-Management-Systemen für Autohändler und Werkstätten. Mehr als 800 davon zählen bundesweit zum Kundenstamm, einige auch in der Schweiz und in Österreich. Im Kern geht es um ein Warenwirtschaftprogramm, mit dem sich auch Termine, Rechnungen und Gutachten managen lassen. „Was SAP für die Industrie macht, machen wir für die Autohändler“, sagt der Eigentümer. Größenmäßig hinkt der Vergleich zwar, doch die Mindener Firma tummelt sich tatsächlich auf demselben Spielfeld wie die ganz Großen der Branche. Dabei könnte man den Sitz im Schatten der Dankerser Dorfkirche fast übersehen -– obwohl aus dem Start-up aus dem Jahr 1989 ein Unternehmen mit 27 Mitarbeitern geworden ist, darunter auch ein Auszubildender zum Fachinformatiker und eine Studentin, die hier im Rahmen ihrer Bachelorarbeit tätig ist.
In die Autobranche kam der IT-Mensch Clemens Betzemeier als Quereinsteiger. Er hätte auch für Arztpraxen oder Anwaltskanzleien programmieren können, entschied sich aber für die weniger akademisierte Variante, wie er sich heute erinnert. Gemeinsam mit einem Pilotkunden hat er dann die Abläufe und Anforderungen aus erster Hand gelernt. Inzwischen seien auch die Hersteller mit eigenen Angeboten auf dem Markt. Das allerdings verstärke die ohnehin schon ausgeprägte Markenbindung der Händler. Einige entschieden sich gerade wegen der Neutralität für Betzemeier, sagt der Chef. Der Trend zu Mehr-Marken-Händlern helfe ebenfalls: Eine zusätzliche Marke bedeute dann eben nicht einen Wechsel in der IT.
Wie gut genau die Geschäfte laufen, lässt Betzemeier offen, über den Umsatz möchte er lieber nicht reden. Nur so viel: er ist mit den Zahlen zufrieden. Und für die Zukunft gibt es noch reichlich Wachstumsmöglichkeiten. Das Bewusstsein für IT-Lösungen habe sich noch nicht in allen der rund 40 000 Kfz-Betriebe in Deutschland durchgesetzt. Dabei sei die Digitalisierung auch in den Werkstätten unerlässlich, gerade bei immer dünner werdenden Personaldecken, sagt Clemens Betzemeier. Einen wichtigen Schritt hat das Mindener Unternehmen schon vor gut vier Jahren gemacht: Unter dem Label Applico Data gibt es mobile Lösungen für die Werkstatt und auch für den Endkunden. So können beispielsweise Checklisten multimedial mit einem Tablet-Computer abgearbeitet werden, eine Lösung mit der inzwischen auch Sachverständige arbeiten, sagt Betzemeier. Kunden können über Apps ihre Fahrzeug-Daten verwalten, Termine vereinbaren oder Fristen überwachen.
Das Ergebnis einer deutschlandweiten Umfrage der Fachmagazine Autohaus und Auto Service Praxis unter 1000 Lesern dürfte den Mindenern weiteren Rückenwind geben: In der Sparte Software landete Betzemeier auf Rang drei – der Software-Riese T-Systems lag nur einen Hauch vor dem Team aus Dankersen.
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